Prüfungsschema mit Übersichtstabellen zu den einzelnen Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes als (I.) hoheitliche Maßnahme (II.) einer Behörde (III.) auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (IV.) zur Regelung (V.) eines Einzelfalles (VI.) mit unmittelbarer Außenwirkung.
- Inhaltsverzeichnis
- Hoheitliche Maßnahme
- Einer Behörde
- Auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts
- Zur Regelung
- Eines Einzelfalles
- Mit unmittelbarer Außenwirkung
Hoheitliche Maßnahme
Maßnahme = Jedes zurechenbare Verhalten mit Erklärungsgehalt. (Hier klarstellen, welcher konkrete Vorgang als VA untersucht wird.)
Hoheitlich =
- e.A.: Inhaltsgleich mit „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ (s.u.)
- h.M.: Einseitiges Gebrauchmachen v. öffentlich-rechtlichen Befugnissen i.R. eines Über-/Unterordnungsverhältnisses
(pro) Klare Abgrenzung zum öffentlich-rechtlichen Vertrag (§§ 54 ff. VwVfG), der somit mangels Einseitigkeit und Über-/Unterordnungsverhältnis kein Verwaltungsakt ist
Kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise (z.B. konkludent, wie das Handzeichen einer Polizistin) erlassen werden (§ 37 II 1 VwVfG). Seit 2017 ist der Erlass unter den Voraussetzungen des § 35a VwVfG auch vollständig durch automatische Einrichtung zulässig.
Einer Behörde
Behörde = Jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (funktioneller Behördenbegriff, § 1 IV VwVfG)
- Prüfungspunkt dient der Abgrenzung zu Akten der Gesetzgebung und Rechtsprechung. Aber: Auch diese Organe können ausnahmsweise ‚Behörden‘ sein, wenn sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen (z.B. die Geschäftsstelle eines Gerichts oder die Präsidentin des Bundestages bei der Ausübung des Hausrechts nach Art. 40 II 1 GG).
- Behörde ist nicht der Verwaltungsträger (also z.B. Gemeinde als Körperschaft), sondern das Organ, das die Aufgabe wahrnimmt (z.B. der Bürgermeister der Gemeinde).
- Privatpersonen sind grundsätzlich keine ‚Behörden‘. Hier Abgrenzung:
Beliehene = Natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, die aufgrund eines Gesetzes hoheitliche Aufgaben (zumeist im eigenen Namen) wahrnehmen
z.B. Jagdaufseher nach § 25 II BJagdG oder TÜV nach § 29 StVZO
→ sind eigene ‚Behörde‘
Verwaltungshelfer = Privatpersonen, die Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der Behörde ausführen
z.B. Abschleppunternehmen oder Schülerlotsen
→ sind keine eigene Behörde; aber: Zurechnung zur beauftragenden und weisungsgebenden Behörde
Auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts
Prüfungspunkt dient der Abgrenzung zum Privatrecht.
Wann liegt eine Maßnahme auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts vor?
Anmerkung: Hier dieselben Abgrenzungstheorien wie i.R.d. Prüfung einer ‚öffentlich-rechtlichen Streitigkeit‘ i.R.d. Zulässigkeitsprüfung nach § 40 I VwGO.
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h.M. Modifizierte Subjektstheorie (= Sonderrechtstheorie; = Zuordnungstheorie)
Rechtsnorm, die dem Verwaltungshandeln zugrunde liegt, berechtigt bzw. verpflichtet ausschließlich einen Hoheitsträger in seiner Eigenschaft als Träger hoheitlicher Gewalt.
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a.A. Subordinationstheorie
Zwischen den Beteiligten besteht ein Über-/Unterordnungsverhältnis.
(con) Abgrenzungsprobleme - z.B. keine Abgrenzung zum öffentlich-rechtlichen Vertrag (§§ 54 ff. VwVfG) - möglich.
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a.A. Interessentheorie
Rechtsnorm dient überwiegend öffentlichen Interessen.
(con) Sehr unbestimmt, daher keine trennscharfe Abgrenzung möglich.
- Nicht ‚auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts‘ finden demnach die drei typischen privatwirtschaftlichen Tätigkeiten der Verwaltung statt:
- Privatwirtschaftliche Hilfsgeschäfte / Fiskalverwaltung
= ‚Staat als Kunde‘ (z.B. Kauf von Bürocomputern)
- Erwerbswirtschaftliche Betätigung
= ‚Staat als Unternehmer‘ (z.B. Deutsche Bahn)
- Verwaltungsprivatrecht
= ‚Staat als Erfüller öffentlicher Aufgaben in privater Form‘ (z.B. private Stadtwerke)
- Aber: Stets auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, wenn die Behörde ihr Handeln förmlich als Verwaltungsakt (Bescheid) einkleidet, auch wenn dieser unzulässigerweise Privatrecht betrifft.
= ‚formeller Verwaltungsakt‘
z.B. Kündigung eines Arbeitsverhältnisses
Zur Regelung
Regelung = Maßnahme, die auf Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet ist (Finalität)
Rechtsfolge = Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung von Rechten und Pflichten (z.B. Ge- oder Verbote)
§ Abgrenzung zum Realakt
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Regelung
→ soll Rechtsfolge herbeiführen
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Realakt
→ soll tatsächlichen Erfolg herbeiführen
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Beispiele:
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Beispiele:
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§ Feststellender VA
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§ Bloßer Hinweis auf bestehende Rechtslage
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§ Zweitbescheid Behörde trifft nach erneuter Sachprüfung eine erneute Entscheidung in der Sache und der neue Bescheid enthält eine erneute sachliche Begründung
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§ Wiederholende Verfügung
Bloße inhaltsgleiche Wiederholung eines bereits erlassenen VAs bzw. Hinweis auf dessen Existenz
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§ Endgültige Regelung
Wie der Entzug einer Fahrerlaubnis oder die Streichung von Sozialleistungen
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§ Bloße Vorbereitungsakte
Wie die Aufforderung zur Vorlage ärztlicher Gutachten oder von Einkommensnachweisen
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Rechtsfolge:
Anfechtungsklage oder nach Erledigung Fortsetzungsfeststellungsklage
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Rechtsfolge:
VwGO bietet teilw. auch Rechtsschutz gg. schlichtes Verwaltungshandeln wie z.B. allgemeine Leistungsklage
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Eines Einzelfalles
Die Regelung eines Einzelfalls ist abzugrenzen von der abstrakt-generellen Regelung durch Rechtsnorm.
Einzelfall =
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Grundfall: Regelung eines konkreten Sachverhalts für einen individualisierten Adressatenkreis.
- Aber auch: Regelung eines abstrakten Sachverhalts für einen individualisierten Adressatenkreis = ‚Sammelverfügung‘.
z.B. Besitzer eines Weges (individuell) muss jedes Mal streuen, wenn dort Glatteis liegt (abstrakt)
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Aber auch: Regelung eines konkreten Sachverhalts für eine (noch) nicht feststehende Vielzahl an Personen = Allgemeinverfügung, § 35 S. 2 VwVfG.
z.B. für alle Personen auf einem öffentlichen Platz (generell) geltendes Alkoholverbot (konkret)
Rechtsnorm = Regelung einer unbestimmten Zahl von Fällen (abstrakt) für eine unbestimmte Zahl von Personen (generell)
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Adressatenkreis
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individuell
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generell
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Sach- verhalt
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Konkret
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- Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung
- Rechtsnorm
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Abstrakt
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- Verwaltungsakt in Form einer Sammelverfügung
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Mit unmittelbarer Außenwirkung
Hier: Abgrenzung zu bloß verwaltungsinternen Regelungen.
z.B. Verwaltungsvorschriften, innerbehördliche Weisungen
Unmittelbare Außenwirkung = Maßnahme verlässt Rechtskreis der handelnden Behörde, sodass Rechtswirkung (Erweiterung, Einschränkung oder Entzug einer Rechtsposition) ggü. außerhalb der Verwaltung stehenden Personen eintritt
- Maßnahmen gegenüber Bürgern
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Grundsatz:
Bei Maßnahmen gegenüber Bürgern ist grds. von einer unmittelbaren Außenwirkung auszugehen.
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- Sonderfall: Sonderstatusverhältnisse
z.B. Beamte, Schüler, Wehrdienstleistende/Soldaten, Strafgefangene
- Außenwirkung, wenn die Regelung die persönliche Rechtsstellung der Betroffenen betrifft (z.B. Ernennung, Versetzung eines Beamten; Versetzung eines Schülers; Entlassung einer Soldatin aus dem Wehrdienst).
- Keine Außenwirkung, wenn lediglich der interne Betrieb geregelt wird.
- Maßnahmen zwischen Behörden
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Grundsatz:
Bei Maßnahmen zw. Behörden liegt grundsätzlich keine unmittelbare Außenwirkung vor.
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Sonderfälle:
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Andere Verwaltungsträger mit eigenen Rechten
Außenwirkung, wenn der andere Verwaltungsträger durch die Maßnahme in eigenen Rechten (z.B. Selbstverwaltungsrechten, Art. 28 II GG) betroffen ist (z.B. Genehmigung des Flächennutzungsplans, § 6 I BauGB).
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Mehrstufige Verwaltungsakte
Außenwirkung, wenn Mitwirkung einer anderen Behörde zum Erlass eines VAs erforderlich ist und die andere Behörde gewisse Punkte selbstständig und abschließend prüft.
z.B. Einvernehmen der Gemeinde i.R. eines Bauantrages, § 36 BauGB